Yandex Metrica, das Analytics der russischen Suchmaschine Yandex, kann Dinge, bei denen man sich erstmal am Kopf kratzt, auf den Bildschirm starrt und den Mund offen lässt. Wolltet ihr nicht schon immer dem Nutzer beim Lesen eurer Blogbeiträge zuschauen? Was er interessant findet und was er überliest? Yandex Metrica kommt diesem Ziel sehr nahe:
Begeistert? Solche Aufnahmen gibt es für alle Seiten, egal ob Warenkörbe, Produktinformationsseiten, Formulare, Suchfunktionen. Bis zu 1000 Besucher, die nicht abgesprungen sind, werden aufgezeichnet. Die Aufzeichnungen werden 2 Wochen gespeichert. Bei den Ersten klingelt schon die Datenschutz-Glocke im Kopf, mehr dazu weiter unten. Wir haben drei Testseiten mit Yandex Metrica ausgestattet, eine davon war seo-kueche.de. Das Ganze läuft seit nicht ganz einer Woche.
Fangen wir von vorne an:
Installation
Die Installation ist denkbar einfach. Tracking-Code generieren, in die header.php einfügen, warten, auswerten. Yandex erlaubt es, den Tracking Code recht individuell zu gestalten:
Der „Informer“ installiert ein kleines Counter-Kästchen auf der Webseite, was wohl niemand haben will.
Der WebVisor erstellt Videos wie das obige. Mit der „Click-Map“ erhalten wir eine recht genau Auswertung des Klick- und Scrollverhaltens der Nutzer. Interessant ist, dass man die Domain mit „Stop automatic page indexing“ aus dem Index von Yandex entfernen kann. Bereits vorhandene Seiten im Yandex Index sind wohl nicht davon betroffen. Mit dem „Asynchronous code“ wird die Ladegeschwindigkeit nicht beeinträchtigt, die anderen Optionen sind für AJAX bzw. XML Seiten. Mit „Example of visit parameter usage“ kann man selbst definierte Parameter festlegen.
Die Goals kennen wir aus dem Google Tag Manager. Google hat den Tag Manager vor kurzem einem Upgrade unterzogen, bei Yandex Metrica werden grundlegende Tags schon im Tracking-Code hinterlegt.
Was kann Yandex Metrica?
Das Dashboard zeigt den globalen Traffic auf die Webseite an – nichts Neues soweit. Auch demografische und geografische Merkmale der User sind keine Innovation. Interessant wird es bei der Click-Path-Analysis
Click-Path-Analysis
Hier hat Yandex, gegenüber Google Analytics, klar die Nase vorn. Die Mindmap über den Nutzer-Flow auf der Webseite ist übersichtlich, detailliert und gut gestaltet. Leider ist die Mindmap für meinen 24 Zoll Bildschirm mit einer 1920 x 1080 Auflösung zu groß, um komplett angezeigt werden zu können. Deswegen hier ein Ausschnitt:
Die Click-Path-Analysis lässt sich natürlich nach Channels sortieren:
So kann man beispielsweise recht genau sehen, wie viele Nutzer von welchem sozialem Netzwerk wohin auf die eigene Seite gehen. Hätte ich einen Online-Shop, würde mir spätestens jetzt das Wasser im Mund zusammenlaufen.
Link Map, Click Map, Scroll Map
Diese drei Funktionen hauen einen von den Socken. Der Name ist Programm, hier ein Beispiel für eine Link Map:
Über Scrolltracking haben wir ja schon berichtet. Bei Yandex Metrica bekommt man das mit einem Klick:
Der Balken am rechten Rand gibt einen Überblick, wie das Scrollverhalten der Nutzer auf der Seite war. Natürlich bekommt man auch konkrete Zahlen, wie viele Nutzer bis ganz nach unten gescrollt haben.
Form Analysis
Die Form Analysis ist das eigentlich Krasse an Yandex Metrica. Über diese kommt man zu dem obigen Video. Davor allerdings kann man sich anschauen, wie viele Nutzer auf eine Seite gekommen sind, wie viele davon ausgestiegen sind und wie viele eine Konversion erreicht haben:
Seht ihr die „Play“ Zeichen? Für jede Aktion zeichnet Yandex ein Video wie das obige auf. Genial für Online-Shops, die damit das Verhalten jedes einzelnen Nutzers nachverfolgen können. Ich weiß, der Datenschutz. Kommt weiter unten.
Robots
Erinnert sich noch jemand daran, dass Google Crawler aus den Reporten von Google Analytics ausschließt? Yandex Metrica gibt eine Übersicht, wie viele der Nutzer tatsächlich Bots sind:
Auf der Testseite waren das ganz schon viele.
Report Wizard
Der Wizard ist ebenfalls so eine Option, bei der ich leider sagen muss: Google, das hättest du doch auch hinbekommen. Mit dem Wizard kann man individuelle Reporte erstellen. Über diesen Umweg lassen sich auch die „sekundären Dimensionen“ anzeigen, die nirgends sonst bei Yandex Metrica zu finden waren. Im Eingabefeld kann man verschiedenste Metriken für einen Report auswählen:
und sich anschließend eine Grafik ausliefern lassen, die speicher- und druckbar ist.
In diesem Fall haben wir die Anzahl der PageViews auf die Anzahl der Visits berechnen lassen.
Der Report Wizard ist bestimmt sehr mächtig, allerdings muss man sich erst einmal an das Design gewöhnen und genau wissen, welche Daten man untersuchen will.
Datenschutz
So, jetzt der Datenschutz. Der Nutzer ist eindeutig identifizierbar. Das Video oben, gibt es auch für Formulare. Mit dem WebVisor kann man so alle eingegebenen Daten sehen – und Yandex sieht die auch. Das deutsche Datenschutzrecht ist damit klar verletzt. Es gibt zwei Lösungen:
a) Man schaltet den WebVisor ab. Bei der Erstellung des Tracking Codes das erste Kästchen leer lassen. Das ist aber schade, da die Scroll-, Link-, und Click-Maps ebenfalls nicht mehr verfügbar sind.
b) Yandex liest eingegebene Passwörter grundsätzlich nicht aus. Für Formulardaten kann man eine CSS Class „-metrika-nokeys“ einfügen, was laut Yandex dazu führt, dass die Formulardaten nicht gespeichert werden. Leider funktioniert damit der gesamte WebVisor, also auch die Maps, in unserem Test nicht mehr. Wir sind an der Sache dran und haben schon Yandex um Hilfe gebeten, falls jemand einen Tipp hat, her damit!
(Diese Tipps stellen keine Rechtsberatung dar – sobald wir mehr wissen aktualisieren wir diesen Beitrag)
Update, 15.12.2014, zum Thema Datenschutz:
Eine offizielle staatliche Stellungnahme zu Yandex Metrica steht noch aus, es gilt daher der Beschluss der obersten Aufsichtsbehörden für den Datenschutz im nicht-öffentlichen Bereich am 26./27. November 2009 in Stralsund.
Wenn der Webvisor ausgeschaltet ist, werden keine eingegebenen Formulardaten aufgezeichnet. Das geht auch mit der CSS Class „-metrica-nokeys„, allerdings funktioniert der Webvisor dann nicht mehr einwandfrei. Damit werden die oben verlinkten Vorgaben für eine Webanalysedienst, meiner Ansicht nach, erfüllt.
Da es zu keiner Klage gegen den Einsatz von Yandex Metrica kam, der Einsatz also weder erlaubt noch verboten wurde, stellt auch dies keine Rechtsberatung dar.
Fazit
Yandex Metrica ist eine äußerst interessante Ergänzung zu Google Analytics. Der Schwerpunkt liegt klar auf dem Nutzerverhalten OnSite. Es gibt einige Dinge, die mir nicht so sehr gefallen, wie das Fehlen der sekundären Dimensionen, die nur in den Reporten wieder auftauchen. Vermutlich spielt hier ein Gewöhnungseffekt mit rein, Google Analytics kennt man eben schon seit Jahren und ist den Umgang mit der Benutzeroberfläche gewöhnt. Bisher haben wir noch nicht in die Tiefe gehen können, die wir von Google Analytics gewöhnt sind, etwa im Bereich des E-Commerce oder der Konversionen. Die Tatsache, dass alle Daten auf russischen Servern gespeichert werden, mag dem einen oder anderen ein ungutes Gefühl geben (die SEO Küche ist grundsätzlich unpolitisch!). Wer sich dazu entschließt das Analysetool zu implementieren, der sollte unbedingt den WebVisor ausschalten oder die CSS Class einfügen, sofern der WebVisor dann noch funktioniert. Sobald es in dieser Sache Neuigkeiten gibt, werden wir den Beitrag updaten.
Wer hat schon eigene Erfahrungen mit Yandex Metrica?
Mor Deak
Hallo Tilmann,
super Zusammenfassung:-) Yandex ist endlich in Deutschland angekommen 😉