Wie sich die EU-Urheberrechtsreform auf Onlineshops auswirkt:
Am 15. April wurde die EU-Urheberrechtsreform endgültig besiegelt. Der EU-Rat hat dem Reformpaket mit großer Mehrheit zugestimmt, die Mitgliedsstaaten haben nun bis zum Jahr 2021 Zeit, die Inhalte in nationales Recht zu übersetzen. Vorausgegangen war eine leidenschaftliche Diskussion über die Freiheit im Netz. Was bedeutet die umstrittene Reform für den Online-Handel?
Die EU-Urheberrechtsreform ist eines der bestimmenden Themen der letzten Monate. Selten zuvor wurde ein Gesetz, eine Reform, derart leidenschaftlich diskutiert wie diese. Einigkeit herrschte von Anfang an lediglich darüber, dass das Urheberrecht angepasst werden muss, denn die letzte große Reform der Richtlinie war im Jahr 2001. Wer damals schon im Internet aktiv war, der weiß, wie veraltet die Richtlinie heutzutage ist.
Der lange Weg zum „Ja“
Die Verhandlungen über neue Reformen laufen bereits seit dem Jahr 2014, Bewegung kam in die Debatte im vergangenen Jahr. Im Juni stimmte der Rechtsausschuss des EU-Parlaments für den Entwurf, der bereits die umstrittenen Artikel 11 (Leistungsschutzrecht) und 13 (Nutzung geschützter Inhalte durch Diensteanbieter) enthielt. Im Juli 2018 wurde die Reform dann vom Europaparlament zunächst abgelehnt, im September dann jedoch angenommen. Was die EU damals aber wohl vergleichsweise unvorbereitet getroffen hat, war der laute Protest, der dem Reformpaket entgegenschlug. Menschen gingen auf die Straße, um gegen die Reform zu protestieren, eine Petition mit mehr als fünf Millionen Unterschriften wurde der Regierung übergeben und selbst in den Parteien SPD und CDU/CSU, die letztlich für die Zustimmung verantwortlich sind, herrschte kein Konsens.
Nachdem sich Parlament, Kommission und Rat der EU im Februar 2019 auf eine finale Gesetzesvorlage geeinigt hatten, wurden die Proteste zwar noch lauter – allein in Deutschland gingen 100.000 Gegner auf die Straße – doch am Ende blieb der Protest erfolglos. Am 26. März stimmten im EU-Parlament 348 Abgeordnete für die Reform, nur 274 dagegen. Und am 15. April war es ebenfalls eine eindeutige Sache: 19 Mitgliedsstaaten sagten „Ja“ zur Urheberrechtsreform, nur sechs stimmten dagegen.
Das ungenannte Problem
Warum aber erfuhr die Reform einen so deutlichen Gegenwind? Das Problem ist nicht die Reform an sich. Auch die Netzgemeinde ist sich im Klaren darüber, dass Urheber und Inhalte-Anbieter für ihre Leistungen fair vergütet werden müssen und dass die aktuelle Richtlinie veraltet ist. Kritik richtet sich vor allem gegen Artikel 17 (vormals Artikel 13) und was dieser impliziert. Bei diesem geht es nämlich letztlich um das Thema Uploadfilter. Diese – und das betonen die Befürworter stets aufs Neue – werden darin zwar mit keiner Silbe erwähnt, sie sind aber die Konsequenz.
Artikel 17 sieht vor, dass Diensteanbieter wie etwa YouTube als prominentestes Beispiel dafür Sorge zu tragen haben, dass urheberrechtlich geschütztes Material nicht auf ihre Plattform geladen wird, sofern die Rechte dafür nicht vorliegen. Die Empfehlung lautet, Lizenz-Deals mit den Rechte-Inhabern abzuschließen. Für unrechtmäßig hochgeladene Inhalte haftet die Plattform. Im Kern ist das zwar ein hehres Ziel, in der Realität ist dies aber so kaum umsetzbar.
Denn einerseits müsste YouTube mit allen erdenklichen Rechte-Inhabern entsprechende Verträge schließen, andererseits und das ist das eigentliche Problem, werden allein auf YouTube pro Minute 400 Stunden Videomaterial hochgeladen. Diese Menge zu überblicken, ist für Menschen schlicht nicht machbar. Die Lösung können nur technische Möglichkeiten sein, die schon vor dem Upload prüfen, ob eine Urheberrechtsverletzung vorliegt – Uploadfilter. Uploadfilter sind aber zum Beispiel nicht in der Lage, Satire zu erkennen. Die Befürchtung ist, dass es zum Overblocking kommt.
Nicht haltbare Versprechen
Was den Kritikern der Reform besonders sauer aufstößt, ist der Zickzack-Kurs der deutschen Regierung. Justizministerin Katarina Barley sagte noch im März, dass es mit der SPD keine Uploadfilter geben werde, und auch die CDU sagte noch vor der Abstimmung im Parlament, dass man eine nationale Umsetzung ohne Uploadfilter anstreben werde. Kritiker wiesen schon damals darauf hin, dass dies nach aktuellem technischen Stand nicht möglich ist. Axel Voss (CDU) selbst, der die Reform maßgeblich vorangetrieben hat, sagte am 15. April gegenüber der Süddeutschen Zeitung – also nachdem seine Partei zugesichert hatte, ohne Uploadfilter auskommen zu wollen –, dass „es praktisch keinen anderen Weg als solche technischen Maßnahmen“ geben werde.
Man darf nun gespannt sein, wie die Reform umgesetzt wird. Bis zum Jahr 2021 haben die EU-Mitgliedsstaaten nun Zeit, die Richtlinie in nationales Recht zu übersetzen. Die Richtlinie lässt den Mitgliedsstaaten in der Ausgestaltung relativ große Freiräume, solange die Gesetze mit ihr vereinbar sind. In einer Protokollerklärung versprach die Bundesregierung immerhin, „die Definition betroffener Plattformen so auszulegen, dass Artikel 17 nur für marktmächtige Plattformen wie YouTube oder Facebook gilt, nicht für Diskussionsforen oder Nischenangebote.“
Auswirkungen auf Online-Händler?
Auf den Online-Handel hat die Urheberrechtsreform zumindest keine direkten Auswirkungen. Nach wie vor müssen die Online-Händler natürlich sicherstellen, in ihren Shops und auf den Marktplätzen keine Urheberrechtsverletzungen zu begehen, also etwa fremde Bilder ohne Einwilligung zu nutzen. Marktplätze sind im Übrigen ausdrücklich von der Regelung des Artikels 17 ausgenommen. Zu beachten ist aber: Wer als Online-Händler YouTube als Kommunikations- und Marketing-Kanal nutzt, muss sich „an die Regeln“ halten und könnte gesperrt werden, wenn er urheberrechtlich geschütztes Material hochlädt – auch wenn es unrechtmäßig aufgrund eines fehlerhaften Uploadfilters geschieht.
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Über den Autor
Christoph Pech ist seit 2016 Redakteur bei OnlinehändlerNews. In einem früheren Leben hat er Technik getestet und hat sich deswegen nicht zweimal bitten lassen, als es um die Verantwortung der Digital-Tech-Sparte ging. Digitale Politik, Augmented Reality und smarte KIs sind seine Themen, ganz besonders, wenn Amazon, Ebay, Otto und Co. diese auch noch zu E-Commerce-Themen machen.
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