Das Barrierefreiheitsstärkungsgesetz (BFSG) tritt am 28. Juni 2025 in Kraft und hat weitreichende Auswirkungen auf die Gestaltung und den Betrieb digitaler Angebote, insbesondere von Websites und Onlineshops. Es etabliert einen gesetzlichen Rahmen, der sicherstellt, dass digitale Inhalte für Menschen mit Behinderungen, ältere Menschen und digitale Laien gleichermaßen zugänglich sind. Dies soll ihnen eine gleichberechtigte Teilhabe am digitalen Leben ermöglichen. Im Zuge dessen müssen viele Unternehmen die Zugänglichkeit ihrer digitalen Produkte und Dienstleistungen verbessern.
Vorteile der Barrierefreiheit
Die barrierefreie Webseite ist übersichtlicher, benutzerfreundlicher, einfach zu navigieren und besitzt eine logische Struktur. Die Barrierefreiheit hat in mehrfacher Hinsicht Vorteile für die Suchmaschinenoptimierung (SEO): Google bewertet benutzerfreundliche Seiten besser, dadurch erzielt sie mehr Sichtbarkeit in den Suchergebnissen und mehr organischen Traffic. Letztendlich führt dies zu höheren Konversionsraten und somit zu mehr Umsatz. Demzufolge profitieren alle Beteiligten von einer besseren Benutzererfahrung – alle Nutzer, das Unternehmen und Google. Die Barrierefreiheit digitaler Inhalte führt nicht nur zu einer besseren Nutzererfahrung, einer größeren Reichweite und einem besseren Google-Ranking, sondern bietet weitere Vorteile für Unternehmen.
Weitere Vorteile für Unternehmen:
- Stärkung der Kundenbindung: Durch zufriedenere Kunden kann die Kundenbindung gestärkt werden.
- Wettbewerbsfähigkeit: Eine gute Nutzererfahrung ist essenziell, um wettbewerbsfähig zu sein und im Wettbewerb bestehen zu können.
- Größere Zielgruppe: Durch die Verbesserung der Barrierefreiheit können Unternehmen eine breitere Zielgruppe erreichen, einschließlich Menschen mit Behinderungen.
- Positive Markenwahrnehmung: Ein Engagement für Barrierefreiheit kann das Image eines Unternehmens verbessern und zeigt soziale Verantwortung. Unternehmen, die sich für Barrierefreiheit einsetzen, zeigen Engagement für Inklusion und Gleichberechtigung.
- Rechtssicherheit: Durch die Einhaltung des BFSG 2025 vermeiden Unternehmen rechtliche Risiken und gewährleisten, dass ihre Inhalte den gesetzlichen Anforderungen entsprechen.
Welche Unternehmen sind betroffen?
Sofern eine der folgenden Bedingungen auf Sie und Ihr Unternehmen zutrifft, müssen Sie die rechtlichen Anforderungen des Barrierefreiheitsgesetzes umsetzen:
- Das Unternehmen erzielt einen jährlichen Umsatz von über 2 Millionen Euro.
- Es sind mehr als 10 Mitarbeiter im Unternehmen tätig.
- Das Unternehmen verkauft digitale Produkte wie Computer, Smartphones, Tablets, Zahlungsterminals oder Selbstbedienungsterminals.
- Es handelt sich um ein Unternehmen, das Dienstleistungen im Bereich E-Commerce, Banking, Telekommunikation oder Personenbeförderung anbietet.
Betroffen ist eine große Palette an Produkten und Dienstleistungen, z.B. Computer, Smartphones, E-Book-Reader, Zahlungsterminals und Selbstbedienungsterminals. Die Endgeräte sollen Menschen mit kognitiven, sensorischen und körperlichen Einschränkungen zugänglich sein. Ebenfalls betroffen sind Dienstleistungen wie E-Commerce-Plattformen, Bankdienstleistungen, Telekommunikationsdienste und Personenbeförderungsdienste.
Unternehmen, die rechtlich dazu veranlasst sind, die Regelungen umzusetzen, haben bis zum 28. Juni 2025 Zeit, Maßnahmen zu ergreifen. Für verschiedene Produkte und Dienstleistungen gibt es jedoch Übergangsregelungen. Betreiber von Selbstbedienungsterminals haben eine Frist von bis zu 15 Jahren und für Dienstleistungen, wie digitale Bankdienstleistungen, besteht eine Frist von 5 Jahren.
Ausnahme- und Sonderregelungen für Kleinunternehmen
Jedoch sieht das Barrierefreiheitsgesetz auch Ausnahme- und Sonderregelungen vor. Diese gewährleisten, dass kleinere Unternehmen nicht mit einem finanziellen und technischen Mehraufwand belastet werden. Kleinunternehmen, die weniger als 10 Mitarbeiter haben und weniger als 2 Millionen Euro Umsatz im Jahr erzielen, sind von den rechtlichen Anforderungen ausgeschlossen. Zudem können auch größere Unternehmen unter bestimmten Bedingungen einen Antrag wegen unverhältnismäßiger Belastung stellen.
Obschon einige Unternehmen von den Regelungen ausgenommen sind, bietet eine barrierefreie Webseite viele Vorteile für alle Unternehmensformen. Deswegen kann es für diese Betriebe durchaus sinnvoll sein, einen barrierefreien Zugang der digitalen Inhalte bereitzustellen. Einige Optimierungsmaßnahmen sind nicht zwangsläufig mit hohen Kosten verbunden und können auch Schritt für Schritt nach Inkrafttreten des Gesetzes implementiert werden. Fangen Sie frühzeitig mit der Planung und Umsetzung an.
Gesetzliche Grundlage der Barrierefreiheit
Unternehmen müssen gewährleisten, dass ihre Inhalte den rechtlichen Standards des BFSG entsprechen. Zu diesen gehören die Web Content Accessibility Guidelines (WCAG) 2.1/2.2, die Barrierefreie Informationstechnik-Verordnung (BITV) 2.0 und die Europäische Norm EN 301 549. Ferner sind die Firmen verantwortlich, regelmäßig Audits und Tests durchzuführen sowie eine Erklärung zur Barrierefreiheit auf der Webseite zu publizieren. Diese beinhaltet den aktuellen Stand des barrierefreien Zugangs und Kontaktdaten.
Rechtliche und technische Anforderungen der Barrierefreiheit
Unternehmen müssen dafür sorgen, dass ihre Produkte und Dienstleistungen wahrnehmbar, bedienbar, verständlich und robust sind.
Kernpunkte der technischen Anforderungen des BFSG:
- Wahrnehmbarkeit: Inhalte müssen in verschiedenen Formaten wahrnehmbar sein, z.B. durch alternative Texte für Bilder oder Transkriptionen von Audioinhalten.
- Bedienbarkeit: Die Bedienung der Website muss intuitiv und effizient sein, auch für Nutzer mit motorischen und kognitiven Einschränkungen.
- Verständlichkeit: Informationen müssen klar und verständlich vermittelt werden, um kognitive Barrieren abzubauen.
- Robustheit: Die Website muss mit verschiedenen Technologien und Browsern kompatibel sein.
Folgen und Strafen bei Missachtung des Barrierefreiheitsgesetzes
Unternehmen, die das BFSG missachten, müssen mit Bußgeldern bis zu 100.000 Euro rechnen. Marktüberwachungsbehörden können zudem Vertriebsverbote verhängen. Diese Maßnahmen sollen die Einhaltung der digitalen Barrierefreiheit sicherstellen. Unternehmen sollten frühzeitig Maßnahmen zur Barrierefreiheit ergreifen und regelmäßige Audits durchführen.
Verstöße gegen die Barrierefreiheitsanforderungen können auch das Kundenvertrauen und das Unternehmensimage schädigen. Barrierefreiheit bringt nicht nur rechtliche Vorteile, sondern verbessert auch die Kundenzufriedenheit und stärkt die Markenreputation. Unternehmen, die frühzeitig auf Barrierefreiheit setzen, können Wettbewerbsvorteile erzielen und eine breitere Zielgruppe erreichen. Investitionen in Barrierefreiheit lohnen sich langfristig.
Best Practices für die Umsetzung der Barrierefreiheit
Um das BFSG umzusetzen, müssen Unternehmen ihre digitalen Angebote zunächst einer gründlichen Prüfung unterziehen. Durch Selbsttests und externe Audits lassen sich Schwachstellen identifizieren und konkrete Maßnahmen zur Verbesserung der Barrierefreiheit ableiten. Dabei gilt es, die gesamte Nutzererfahrung, von der Bedienung bis zur inhaltlichen Zugänglichkeit, zu optimieren. Basierend auf den Ergebnissen der Analyse sollten konkrete Maßnahmenpläne entwickelt und umgesetzt werden.
Wichtige Maßnahmen umfassen:
- Gestaltungselemente: Websites und Onlineshops sollten so gestaltet sein, dass sie für Menschen mit verschiedenen Behinderungen zugänglich sind. Dies umfasst die Verwendung von Screenreadern, die Anpassung von Kontrasten und Farben sowie die Bereitstellung von alternativen Texten für Bilder.
- Navigation: Eine einfache und intuitive Navigation ist erforderlich, denn die Nutzer müssen in der Lage sein, sich ohne Hindernisse durch die Seiten bewegen zu können. Diesbezüglich können größere Buttons, eine einfache Struktur, Transkriptionen unter Videos und Vorlesefunktionen für Texte hilfreich sein.
- Eingabeformulare: Formulare müssen barrierefrei gestaltet sein, damit sie auch von Menschen mit motorischen, kognitiven oder visuellen Einschränkungen problemlos ausgefüllt werden können.
- Kompatibilität mit Hilfstechnologien: Websites sollten mit verschiedenen Hilfstechnologien, wie Screenreadern, kompatibel sein. Hierfür ist eine Anpassung der HTML-Struktur notwendig.
- Mobile Zugänglichkeit: Mit der zunehmenden Nutzung von mobilen Geräten müssen auch mobile Versionen von Websites und Onlineshops barrierefrei gestaltet sein.
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